Richtig longieren

Longieren kann so viel mehr sein als nur ein Lückenfüller. Gutes Longieren ist kein Ersatz für Training, es ist Training.

8/4/20254 min read

Richtig eingesetzt, ist das Longieren nicht nur Bewegung fürs Pferd,
sondern eine wirkungsvolle Trainingsform, um Takt, Losgelassenheit und Verbindung zu verbessern.
Außerdem schult es den Longenführer in seinem Blick, seiner Körpersprache und Hilfengebung.
Dafür ist es allerdings wichtig, sich über folgende Punkte bewusst zu werden:

Vorteile für das Pferd

Longieren kann deinem Pferd gezielte, durchdachte Bewegung ermöglichen,
ganz ohne Reitergewicht. Dabei kannst du die Gangarten bewusst einsetzen,
Übergänge und Tempounterschiede einbauen und die Muskulatur schonend aufbauen.
Besonders in der Aufwärmphase oder an Tagen, an denen du nicht reiten möchtest oder kannst, ist die Arbeit an der Longe ein echtes Geschenk. Du kannst gezielt die Balance und Losgelassenheit deines Pferdes fördern, seine Muskulatur trainieren und eure Partnerschaft und Kommunikation verbessern.

Wie geht das?
Überlege dir einen Plan, bevor du anfängst, und setze dir realistische Ziele: Was willst du in dieser Einheit erreichen? Ein Ziel könnte z. B. sein: feine, weiche und leichte Übergänge mit möglichst unsichtbarer Hilfengebung.
Wenn du dein Ziel definiert hast, überlege dir einen passenden Plan, um dieses Ziel zu erreichen. Behalte dabei immer eure persönlichen Voraussetzungen wie den Trainingszustand deines Pferdes oder die Erfahrung und das Einfühlungsvermögen des Longenführers im Hinterkopf. Der Plan soll euch kleinschrittig eurem Ziel näherbringen.

Ich persönlich möchte gerne, dass Übergänge möglichst unsichtbar, nur durch meine Atmung und Körperspannung, umgesetzt werden. Dafür etabliere ich bei meinen Pferden, dass der Übergang zur langsameren Gangart mit einem Ausatmen eingeleitet wird. Wenn ein Pferd das nicht kennt oder darüber hinweggeht und nicht reagiert, steigere ich meine Hilfe: Ich nehme meine Longenhand etwas nach oben. Geht es auch darüber hinweg, folgt im nächsten Schritt eine Parade an der Longe. Versteht mein Pferd mich weiterhin nicht, nehme ich die Peitsche nach vorn in Richtung Schulter und bremse es dadurch. So kann ich meine Absicht (durchparieren) Stück für Stück in der Hilfengebung steigern.
Egal wie viel Hilfe es braucht: An dem Punkt, an dem mein Pferd durchpariert, lobe ich es und lasse es eine Pause machen, indem ich nichts weiter von ihm verlange. Ich lasse dem Pferd Zeit zu verarbeiten und nachzudenken. In der Regel kauen die Pferde dann ab oder schnauben. Nach einer kleinen Denkpause wiederhole ich den Vorgang in genau dieser Reihenfolge der Hilfengebung – und früher oder später lernt das Pferd, was ich von ihm möchte, und reagiert schon auf die leichtere Hilfe.

Je öfter wir das wiederholen, desto feiner wird die Kommunikation. Das Ziel ist, dass das Pferd allein durch mein Ausatmen die Gangart wechselt. Je nachdem, wie fortgeschritten wir schon sind, kann ich das in einer Einheit erreichen, oder ich nehme mir vor, dass über die nächsten Wochen zu etablieren und teile das „große“ Ziel in kleine Unterziele, die ich mit meinem Pferd Einheit für Einheit erreiche.

Weitere mögliche Ziele könnten sein:

  • die Verbesserung der Biegung

  • die gleichmäßige Gymnastizierung auf beiden Händen

  • die Aktivierung der Hinterhand

  • Taktverbesserung durch Stangenarbeit

  • und vieles mehr

Bedenke auch, nicht jedes Pferd ist sofort tragfähig. Manche sind noch jung, andere nach Krankheit im Aufbau, wieder andere körperlich oder mental noch nicht in Balance. Die Arbeit an der Longe ermöglicht dir, dein Pferd gymnastizierend zu arbeiten – auf gerader oder gebogener Linie, über Stangen, mit Übergängen, Volten oder Tempowechseln – und das ganz ohne das zusätzliche Reitergewicht.

Ein weiterer Vorteil des Longierens ist, dass du dein Pferd im Ganzen siehst und seine Bewegungen genau beobachten kannst. Du siehst Asymmetrien, Taktfehler, Stellungsprobleme. Vielleicht fällt dir auf, dass dein Pferd auf der linken Hand nicht gleichmäßig fußt, im Trab spannig wirkt oder vieles mehr. Je öfter du dein Pferd bewusst von außen in Bewegung wahrnimmst, desto besser wird dein Auge und desto zielgerichteter kannst du dein weiteres Training gestalten. An der Longe und auch im Sattel.

Vorteile für den Longenführer

Longieren ist keine passive Beschäftigung. Du wirst schnell merken: Wenn du nur mitläufst oder „irgendwas machst“, übernimmt dein Pferd das Kommando oder schaltet ab.
Richtig spannend wird es dann, wenn du beginnst, mit deinem Körper bewusst zu sprechen:
Wann gibst du Energie ins System?
Wann nimmst du Spannung raus?
Wie viel Präsenz brauchst du – und wo kannst du dich zurücknehmen?

Dein Pferd antwortet auf all das. Und du schulst mit jeder Einheit dein Timing, dein Rhythmusgefühl und deine Fähigkeit zur klaren Kommunikation.

Auch das Longieren ist wie ein Tanz. Du führst, aber du musst auch zuhören. Viele Pferde blühen bei der Longenarbeit regelrecht auf, wenn sie verstanden werden. Sie merken, dass du nicht einfach „abspulst“, sondern zuhörst und aktiv auf sie eingehst. Das Longieren kann dafür ein toller Übungsraum sein und die Beziehung zu deinem Pferd merklich verbessern.

Fazit: Longieren ist kein Ersatz, sondern eine eigene Qualität.
Wenn du Longieren als Chance begreifst, nicht zu reiten, sondern anders zu kommunizieren, anders zu fördern, anders zu sehen, wirst du es lieben lernen.
Es ist kein Ersatz für Training. Es ist Training. Auf eine ruhige, klare und unglaublich verbindende Weise.

Und plötzlich läuft dein Pferd nicht mehr „nur im Kreis“, sondern wird mit Sinn und Verstand trainiert. Und du stehst nicht mehr „nur in der Mitte“, sondern bist Teil eines echten Dialogs.

Du willst wissen, wie du dein Longentraining konkret gestalten kannst – mit Abwechslung, Struktur und Übungen für alle Level? Dann melde dich gerne